GEBURTSALLIANZ ÖSTERREICH

Gewalt im Kreissaal TV-Beitrag und Studiointerview vom 17.Mai 2018 mit Sylvia Sedlak zum brisanten Tabu! Immer mehr Frauen sprechen über ihre schlimmen Erfahrungen im Krankenhaus. Angstmache, Zwang, Machtmissbrauch, unnötige, schmerzhafte Untersuchungen, respektloses, demütigendes Verhalten seitens der Ärzte und Hebammen kommen nun ans Tageslicht.

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Frauen berichten über Gewalt in der Geburtshilfe

Entmündigung, Herabwürdigung, Beschimpfung, Angstmache, unnötige und schmerzhafte Eingriffe und Untersuchungen, Missbrauch vor, während oder nach der Geburt sind leider an der Tagesordnung in österreichischen Geburtskliniken. Die Missachtung von Frauenrechten und Menschenrechten in dieser besonders heiklen Lebensphase entbehrt jeder Logik. Erst bei genauerem Hinschauen kommen die möglichen Ursachen ans Tageslicht: Macht, Sadismus, Rivalität, Routine, Abgestumpfheit, Zeitmangel, Überforderung, mangelnde Empathie beim medizinischen Personal.

 

Zeitschriften-Artikel der WIENERIN vom 9.Mai 2018 mit vielen Erzählungen von betroffenen Frauen

Bericht Gewalt Wienerin1

Definition:

Eine Vergewaltigung ist ein sexueller Übergriff auf einen anderen Menschen, durchgeführt mit körperlicher oder verbaler Gewalt – also gegen den Willen des Opfers. Und damit sind wir auch schon beim Tabu-Thema. Nämlich, dass sowas in Kreißsälen stattfindet und dass das keine Seltenheit ist.

So gern die Gynäkologie uns seit Entstehung der Fachrichtung davon überzeugen möchte, dass ihr Gebiet nichts mit Sexualität zu tun hat – sie hat es doch. Im Zentrum der Gynäkologie, und damit Geburtsmedizin als Teilgebiet, steht nun einmal die individuelle Frau mit ihren Körper- und Seelenteilen. Die Geburtsmedizin und -hilfe betreut ein sexuelles Wesen, die Frau in schwangerem Zustand. Das Augenmerk der Geburtsmedizin liegt auf den Geschlechts- und Fortpflanzungsorganen der Frau, dem assoziierten Sitz ihrer Sexualität. Eine Betreuung in diesem Bereich, auch wenn der Fokus gern auf das angeblich asexuelle Kind gelegt wird, bleibt eine an Sexualität und damit Empfindsamkeit und Intimität geknüpfte Begleitung.

Es geht um den Körper, in den Ärzte ohne Absprache, ohne Informationen oder ohne Nachfrage Finger oder Gegenstände stecken und damit unter Umständen verletzen, auch Bitten oder Flehen aufzuhören ignorierend. Da kann man annähernd verstehen, was Vergewaltigung im geburtsmedizinischen Zusammenhang bedeutet. Es bedeutet aber auch, dass dem Opfer nicht zugehört wird. Es bedeutet, dass Übergriffe jeder Art mit pseudofaktischen Gründen weg-erklärt werden können. Noch immer lebt der Mythos des Halbgott in Weiß. Es bedeutet, dass die Opfer keine Anerkennung als Opfer erfahren, sondern doch “froh sein sollten, dass sie und das Kind gesund seien”. Es bedeutet, dass die Frau nicht nur sexualisierte Gewalt erfährt, sondern auch der Start in ein Leben als Mutter immens gestört wird.
(Quelle: Birth Rape)

 

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Gewalt bedeutet auch:

  • Druck auszuüben
  • Nötigung
  • Zwang
  • Machtmissbrauch
  • Willkür
  • Erpressung
  • Anschreien, Beschimpfen
  • Festschnallen der Beine, Festhalten
  • Sexualisierte Gewalt in Form von Sprache, Witzen

 

Das müssen nicht unbedingt an sich schmerzhafte Interventionen oder massive medizinische Eingriffe sein – auch scheinbar harmlose Situationen oder Handlungen an der Gebärenden können von ihr als Akt der Gewalt erlebt werden. Körperliche Schmerzen, verursacht durch vaginale Untersuchungen, das Legen einer Braunüle, die Damm-Naht, ein Dammschnitt und dergleichen werden für sich alleine in der Regel nicht als Gewalt empfunden. Massive oder invasive Diagnostika und Therapien wie beispielsweise der Vaginalultraschall, die Amnioskopie, Mikroblutuntersuchung an der Kopfschwarte des ungeborenen Babys oder Kristellern lösen dagegen schon häufiger Ängste und Gefühle von Bedrohung oder Übergriff aus. Meist entscheiden jedoch vor allem die Umstände und die Art der Behandlung, wie und ob solche Eingriffe als Gewaltakte empfunden werden.

 

Das Erleben von Gewalt hängt ab von:

  • Grad der Abhängigkeit: Nicht mehr über den eigenen Körper entscheiden zu können, nicht fliehen zu können, sich nicht effektiv wehren zu können, verschärft das Gefühl der Machtlosigkeit und ist extrem belastend. Dies trifft auf Vergewaltigungsopfer ebenso zu wie auf eine Frau, die in den Wehen liegt und gegen ihren Willen untersucht wird, einen vorzeitigen Dammschnitt erleidet oder auf deren Bauch ungefragt mit Knien und Ellenbogen kristellert wird. Die Wehen setzen zwar ihre Wehrhaftigkeit herab, aber gerade nicht ihre Empfindsamkeit gegen verbale oder körperliche Übergriffe. Dass Frauen sich in die Abhängigkeit von Klinikpersonal begeben, sobald sie den Kreisssaal betreten, bedeutet nicht, dass sie automatisch die Verantwortung und die Entscheidungsgewalt über ihren Körper abgeben wollen.
  • Ausmaß der Hilflosigkeit: Menschen, die täglich auf der Seite der Professionellen in der Geburtshilfe arbeiten, haben mit den Jahren häufig Schwierigkeiten, sich in die Rolle der Gebärenden hinein zu versetzen. Dies fällt besonders auf, wenn neue Hebammenschülerinnen in den Kreisssaal eingearbeitet werden. Diese identifizieren sich nämlich bei den Geburten meist noch mehr mit den Gebärenden als mit den Professionellen. So sind es denn auch häufig die Hebammenschülerinnen, die Alarm schlagen, wenn im Kreisssaal Maßnahmen praktiziert werden, die ein hohes Gewaltpotential enthalten. Leider wird dies meist nicht dankbar zum Anlass genommen, das eigene Tun zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren, sondern es wird versucht, die Schülerinnen „einzuordnen“.
  • Verstehbarkeit der Vorgänge: Manchmal ist es jedoch zwingend nötig, bestimmte unangenehme oder schmerzhafte Interventionen vorzunehmen, um die körperliche Unversehrtheit von Mutter und Kind zu erhalten. Wird die Gebärende nicht übergangen, sondern ruhig und verständlich aufgeklärt, kann dies aus der gleichen Situation eine gänzlich andere Erfahrung machen. Die Wirkung von Gewalt ist umso verheerender: je näher die Gewalt ausübende Person dem Opfer steht, je größer die Hilflosigkeit empfunden wird, je willkürlicher die Übergriffe stattfinden und je unvorhersehbarer sie sich abspielen. Auch im Nachhinein können traumatische Erlebnisse noch entschärft werden, wenn die erste Gelegenheit genutzt wird, zu erklären, was und warum etwas getan wurde.
  • Absicht und Einstellung der Betreuenden: Die freundliche Absicht, mit der die GeburtshelferInnen unangenehme oder schmerzhafte Intervention ausführen, ist von ganz entscheidender Bedeutung. Ebenso kann dagegen die Wirkung des Umganges mit der Frau oder harmloser Interventionen äußerst verletzend wirken, wenn die Frau sich missachtet oder gar bestraft fühlt.
  • Ebenen der Gewalt: Viele Frauen, die Gewalt unter der Geburt erlebt haben, benennen dieses später als Vergewaltigung. Dies macht deutlich, dass Geburt nicht in erster Linie ein medizinischer, sondern ein sexueller Vorgang ist, und dass daher auch die Gewalt auch auf sexueller Ebene verletzt. So reichen die Folgen oft bis in die weitere Sexualität der Frau hinein. Es kann zu ernsthaften Sexual- und Partnerschaftsproblemen kommen, ähnlich wie nach einer Vergewaltigung.
  • Biografische Vorbelastungen
  • Erstarrung: Da die Hormone und die außergewöhnliche Situation der Frau in der Geburt sie seelisch extrem öffnen und empfindsam machen, wird die Seele auch oft sehr schwer getroffen, wenn die Behandlung unter der Geburt als unachtsam, verletzend, herabwürdigend oder übergriffig erlebt wird. Die Frau wirkt wie erstarrt: zum Eigenschutz zieht sich die Seele zurück, versteckt sich im Innern – und behindert damit eventuell auch den Liebesfluss zum Kind. Und manchmal behindert das, wie wir alle wissen, den Milchfluss und die Milchbildung.

 

Eine Frau, die voll Kummer über die verlorene Freude der Geburt oder tief verletzt von dem Verhalten der GeburtshelferInnen ist, hat manchmal wenig bis keinen Raum für das Kind, für Glücksgefühle und Fließenlassen. Ausgelöst durch die Gewalterfahrung haben Mutter und /oder Kind das Vertrauen in das Leben oder die Umwelt verloren. Angst, Misstrauen und Vorsicht bestimmen das Verhalten. Daher ist die erste Aufgabe, beiden einen sicheren Raum zu bieten, wo sie ihre Seele wieder langsam öffnen und die Wunden lecken können.

Wenn Sie sich mehr mit der Thematik befassen möchten (Literaturliste, Fortbildungen) können Sie die Autorin Tara Franke kontaktieren über hebwerk@t-online.de. Dort bekommen Sie auch Informationen über die interdisziplinäre Fachgruppe TARA (Betreuung von Frauen mit sexueller Gewalterfahrung in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett), Projektgruppe im Bund Deutscher Hebammen e.V. www.hebammenhandwerk.de
(Quelle: Auszugsweise vom Vortrag Tara Regine Franke, 6. Dt. Still- und Laktationskongress in Göppingen, November 2007)
Gesamten Text lesen das schone wurde mir genommen dhz 2008

 

 

Wenn Sie sich Ihre Geburtsgeschichte „von der Seele schreiben“ möchten, helfen vielleicht diese Ansatzpunkte, um es dann mit einer professionellen Beraterin oder Therapeutin zu besprechen:

Erstes, zweites, drittes Kind? (wievielte Geburt)
Welche Geburtshelfer waren anwesend? (Arzt oder Hebamme, Name)
Was ist passiert? (Beschreibung der Gewalterfahrung)
Wie haben Sie sich währenddessen gefühlt?
Wie haben Sie sich danach gefühlt?
Konnten Sie das Geschehene jemanden erzählen?
Konnten Sie das Geschehene verarbeiten oder leiden Sie an den Auswirkungen? Wenn ja, welche sind das?
Wer oder was hat Ihnen geholfen, damit Sie das Erlebte verarbeiten konnten?
Wie geht es Ihnen jetzt? Wie lange ist die Gewalterfahrung nun her?
Was raten Sie anderen schwangeren oder gebärenden Frauen/Paaren?
Wovon möchten Sie anderen Frauen/Paaren abraten?
Haben Sie danach mit dem Arzt, Ärztin, Hebamme über das Erlebte gesprochen?
Haben Sie rechtliche Schritte eingeleitet oder dem Krankenhaus eine Rückmeldung gegeben?
Möchten Sie psychologische Beratung/Hilfe zur Bewältigung des Geburtserlebnissen in Anspruch nehmen?
Hat Ihnen ein Gespräch oder Therapie geholfen, das Erlebte zu verarbeiten?

Geburts-Aufarbeitung

Ansprechpartner für gute Vorbereitung auf die Geburt und Aufarbeitung von schwierigen Geburten:
Es gibt viele Therapeuten oder PsychologInnen, die auf Geburts-Nachbearbeitung oder Geburtstrauma spezialisiert sind (bitte googlen)
Hebammenzentrum, Lazarettgasse, Wien www.hebammenzentrum.at
Siebensternpraxis Hebammen, Ärzte, Therapeuten www.7sternpraxis.at
Nanaya Eltern-Kind-Zentrum www.nanaya.at
Judith Raunig, Kaiserschnittgruppen www.nach-dem-kaiserschnitt.at
Nina Winner Mütter-Empowerment www.geburt-und-mama-sein.com
Veronika Stampfl-Slupetzky, Hebamme, Bindungsanalyse www.mama-lieb.at
Isabella Ulrich natural birth movement www.naturalbirthmovement.info
Patienten-Anwalt in den einzelnen Bundesländern z.B. Wiener Patientenanwaltschaft

Buch Gewalt unter der Geburt Christine Mundlos und bitte googlen:
» Human Rights in Childbirth Facebook
» Human Rights in ChildbirthInternational
» Roses Revolution Österreich Organisation gegen Gewalt in der Geburtshilfe
» Roses Revolution Deutschland Organisation gegen Gewalt in der Geburtshilfe
» Roses Revolution International (englisch)

 

 

Globaler Aktionstag gegen Gewalt in der Geburtshilfe: 25. NovemberGegen Gewalt in der Geburtshilfe

Gewalt während der Geburt passiert tagtäglich in den österreichischen Geburtskliniken, ist aber ein Tabu. Die negativen Erinnerungen an die Geburt oder auch die große Angst vor der Geburt hat oft in erster Linie nicht mit den naturgegebenen Schmerzen eines normalen Geburtsprozesses zu tun. Vielmehr geht es um das Ausgeliefert-Sein, die Hilflosigkeit und Machtlosigkeit der gebärenden Frauen und deren Partner und Babys. Wir Mütter und Väter sollten schlechte Erfahrungen an die einzelnen Ärzte, Hebammen und Krankenhäuser rückmelden, denn wir sind die KonsumentInnen dieser Geburts-Hilfe, sodaß sich endlich etwas ändert! Betriebsblindheit und Abgestumpftheit macht auch vor mediznischem Personal nicht halt!

Die globale Bewegung gegen Gewalt in der Geburtshilfe : 25. November – Wir legen eine rosa Rose vor die Kreißsaaltür, hinter der uns Gewalt angetan wurde.